20.02.2014 | Flugblatt der Zelle zur Stellungnahme der Polizei

Am Donnerstag, den 20.02.2014 tagte der Finanzausschuss öffentlich zu einer Anfrage der CDU Fraktion über die Galerie Zelle e.V. und die dort unterstellte Drogenproblematik. Bei der Tagung waren sowohl alle Fraktionen des Gemeinderats, als auch Herr Simmendinger und Herr Dengler als Sachverständige der Polizei und sehr viele Mitglieder der Galerie Zelle e.V. anwesend.

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Foto: GEA Reutlingen

Sprechen durften jedoch nur die Polizei, die Mitglieder des Finanzausschusses, sowie OB Bosch. Die Zelle musste bei einer Diskussion über die Zelle schweigen. Deswegen haben wir unsere Position im Vorfeld als Flyer verteilt.

Im Folgenden wollen wir diesen Flyer dokumentieren:


20.02.2014 – Finanzausschuss

Sehr geehrte Damen und Herren,

Über die Website der Stadt Reutlingen konnten wir die Anfrage der CDU und die Antworten
seitens der Polizei und Stadtverwaltung entnehmen.Wir haben uns intensiv mit den Vorwürfen darin beschäftigt und ich werde darauf auch noch zurückkommen. Wir sind uns der Drogenproblematik im allgemeinen und auch in der Zelle bewusst Wir sind der Meinung dass hier eine Lösungsorientierte Diskussion notwendig ist und möchten den laufenden Dialog von Stadtverwaltung und Zelle hinweisen.

Den Versuch die Zelle als eine Art Drogensumpf und unverantwortlichen Haufen der die starke Hand von Polizei und Ordnungsamt benötigen würde zu diffamieren, wo angeblich Dealer vor der Polizei geschützt werden, oder der mit Chillout-Bereich zum Konsum einladen soll, sehen wir als den verzweifelten Versuch an, ein gesellschaftliches Problem nur auf die Zelle herunterbrechen zu wollen und mit martialischen und zugleich kontraproduktiven Maßnahmen wie beispielsweise Intimkontrollen bei Jugendlichen, zu bekämpfen. Das passt perfekt zu ihrer Law & Order Politik im Bereich der Jugendprävention. Diese hat vor allem in den vergangenen Jahren vieles erreicht, zum Beispiel dass der Schwarzmarkt mittlerweile auf weitaus gefährlichere Räuchermischungen ausgewichen ist, aber eben keine Verbesserung der Situation der Betroffenen.

Wir als Zelle setzen dagegen – und diese Argumentation wird in den Reihen professioneller Drogenberatungsstellen durchweg unterstützt – auf ein ausgewogenes Konzept von Aufklärung und Intervention. Wir können, keinen Sinn darin erkennen Konsument_innen zu kriminalisieren wie es die Polizei verkörpert, sondern wollen diese Aufklären und erteilen gleichzeitig Dealer_innen ein konsequentes Hausverbot.

Im Folgenden wollen wir anhand eines Beispiels die einseitige und falsche Darstellung der Polizei deutlich machen:

Am 08.12.2013 wurde ein junges Mädchen in die Psychatrie eingeliefert. Sie hatte sich am
Anfang der Veranstaltung unter unseren Gästen befunden, mit ihrer Begleitperson und einem Erziehungsauftrag. Die Nacht verbrachte sie nach einem kurzem Aufenthalt bei uns, im umliegenden Gebiet der Zelle.

Am Morgen klingelte es und eine sichtlich überforderte Begleitperson gab das Mädchen in
unsere Obhut. Wir kümmerten uns um sie, riefen einen Krankenwagen und ließen sie insgesamt zweimal von Sanitätern untersuchen. Diese sahen keinen Grund sie ins Krankenhaus mitzunehmen.

Gegen Mittag ging das Mädchen dann, wieder etwas klarer aber immer noch durcheinander, nach Hause und wurde dann von ihren besorgten Eltern ins Krankenhaus gebracht. Dort verschafften sich dann Beamt/innen der Polizei Zugang zu ihrem Krankenzimmer und befragten das Mädchen, das sich immer noch in einem sehr labilen zustand befand, >>heftig<<.

Die Beamten schrien sie an und um an verwertbare Informationen zu gelangen setzten sie
sie unter Druck. Sie ließen das Mädchen weinend zurück und schlugen den Mitarbeitern des Krankenhauses eine Überstellung in die Psychiatrie, aufgrund von Suizidgefährdung, vor. Ein stationärer Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik Tübingen folgte.

Wochen später schilderte das Mädchen dann die Vorkommnisse auf unserer Mitarbeiter_innen Versammlung, die durch die Bank weg Empörung und Unverständnis gegenüber dem Vorgehen der Polizei auslösten. Wir handelten hier im Gegensatz zur Polizei in bestem Wissen und Gewissen zum Wohl unserer Besucherin und verurteilen ihre Vorgehenswiese in diesem für so viele Fälle beispielhaften Fall aufs schärfste. Genau aus diesen Gründen empfehlen wir auch jedem Gast, mit der Polizei Vorsichtig umzugehen. Nicht um Dealer_innen zu schützen, sondern um unsere Gäste vor derartigen Übergriffen zu bewahren. Auch das gehört zum Jugendschutz.

Aber das ist auch nur ein Beispiel, aus dem vielseitigen und leider meist negativen Erfahrungsschatz der Zelle im Hinblick auf die Arbeit der Reutlinger Polizei – in Sachen Drogen und macht deutlich dass die Attitüde der Polizei in hohem Maße kontraproduktiv ist.

Diese Herangehensweise in der höchstens der Anschein erweckt werden kann, man packe die Probleme an der Wurzel, bitten wir noch einmal zu überdenken. Prohibition und Strafe sehen wir als Versuch ein Symptom zu unterbinden. Die Lösung liegt viel eher im aufgeklärten, selbstbewussten Menschen. An dieser stelle muss klar sein dass die zelle diese Mammutsaufgabe ohne Zusammenarbeit und Unterstützung nicht zu bewältigen ist und wir auf Ihre Unterstützung der Stadtverwaltung, des Gemeinderats und Privatpersonen nicht bewältigen kann und wir auf Ihre Unterstützung hoffen.