Entgegen der antisemitischen Pogromstimmung in Europa

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Wir sind erschrocken von den jüngsten antisemitischen Ausschreitungen in Deutschland und anderen Nationen. In Gelsenkirchen fand am 12. Juli 2014 eine einseitige Demonstration gegen Israel statt. Dort durften Teile der Polizei folgende Worte vernehmen: “Hamas, Hamas, Juden ins Gas!”. In Frankfurt überlies die Polizei kurzfristig die Lautsprecher eines Polizeiautos den wütenden Demonstranten, so dass die Rufe “Allah ist groß” und “Kindermörder Israel” aus den Lautsprechern eines Polizeiautos ertönen konnten. Noch erschrockener sind wir über die Tatsache, dass sich an jenen Demonstrationen sowohl vermeintliche Linke, als auch radikale Fundamentalisten und bekennende Neonazis beteiligt haben.

Aus der jüngsten Entwicklung entnehmen wir eine zunehmend gewaltbereite Stimmung und pogromartige Ausschreitungen gegen Juden und Jüdinnen. In Frankreich gehen Synagogen in Flammen auf und überall werden Juden und Jüdinnen mit Angst und Gewalt konfrontiert, weil sie für die Politik Israels zur Verantwortung gezogen werden oder eben: Weil es Juden sind. Keins von beiden legitimert Antisemitismus. Wir als Antifaschisten und Antifaschistinnen sehen es daher als eine Lehre aus der Vergangenheit, an dieser Stelle zu intervenieren. Wir sind der Meinung, dass Antisemitismus mit einer aufgeklärten Gesellschaft zu begegnen ist und fordern daher zur aktiven Beteiligung an Protesten gegen einseitige, Pro-Hamas Demonstrationen auf.

Natürlich darf man dabei auch die zivile Bevölkerung im Gaza nicht aus den Augen verlieren. Sie durchlebt ein unerträgliches Elend und hat daher unsere Solidarität verdient. Gerade WEIL wir aber auch das Leid und Elend im Gaza sehen, fordern wir zu einer differenzierten Analyse der dortigen Verhältnisse auf. „Die Juden“ oder Israel alleine für die Situation im Gaza verantwortlich zu machen wird der Realität nicht gerecht, entbindet die Hamas von ihrer Verantwortung gegenüber Friedensverhandlungen und nutzt am Ende niemandem und erst Recht nicht den Menschen im Gazastreifen.

Wir als Zelle haben keinen Konsens zu einer Lösung im Nahostkonflikt, sondern verschiedene Positionen und Meinungen dazu. Wir können verstehen, dass Israels Militärschläge Wut, Trauer und Ohnmacht hervorrufen und sind uns einig, dass gegen Menschrechtsverletzungen, egal von welchem Akteur, vorgegangen werden muss. Gleichzeitig verstehen wir aber gerade deswegen nicht, wieso die Angriffe der Hamas gegen Israelische Zivilisten, die Tatsache, dass sie ihre Raketenstellungen in Wohngebiete baut und damit die Menschen im Gaza in Schutzhaft nimmt, etc. so einfach ausgeblendet werden. Eine solche Betrachtung, die alleine Israel für die zivilen Opfer im Gaza verantwortlich macht, ist einseitig und wird der Komplexität dieses Konfliktes nicht gerecht.

Wo wir uns als Zelle positionieren wollen ist, dass das Existenzrecht Israels unantastbar ist, solange es Antisemitismus gibt. Israel ist als Reaktion auf den immer noch existierenden antisemitischen Vernichtungswillen entstanden. Dieser hat in der Shoah seinen traurigen Höhepunkt gefunden, woraufhin ein von Juden und Jüdinnen selbstverwalteter Schutzraum gegen Antisemitismus und Verfolgung unausweichlich wurde.

Wenn wir eines aus der Vergangenheit gelernt haben, dann dass wir den Anfängen wehren müssen und heute, kaum 70 Jahre nach dem Holocaust brennen wieder Synagogen , können sich Juden und Jüdinnen nicht mehr sicher bewegen und werden wieder und erneut auf zynische Weise „die Juden“ stellvertretend für das Elend verantwortlich gemacht.

Lasst euch nicht auf dieses falsche Spiel ein! Bleibt differenziert, emanzipatorisch und antifaschistisch! Beteiligt euch an Protesten gegen einseitige Demonstrationen und Kundgebungen und bietet Antisemitismus die Stirn!

In diesem Sinne: Plus Jamais, nie wieder! Wehret den Anfängen!