Gegendarstellung bezüglich des Artikels „Erfüllt Zelle noch den Bildungsauftrag?“ Reutlinger Tagblatt vom 13.03.2014

Aufgrund gewichtiger Halb- und Unwahrheiten, Verzerrungen und Unvollständigkeiten, die im Gesamten eine einseitige Darstellung ergeben, sieht sich die Zelle gezwungen eine Gegendarstellung zu veröffentlichen.

Hier der Link zum Peter Bussmann: http://www.swp.de/reutlingen/lokales/reutlingen/Erfuellt-Zelle-den-Bildungsauftrag;art5674,2498287

Zunächst einmal wären wir als Galerie Zelle e.V. gerne nach unserer Sicht des Sachverhaltes gefragt worden. Unserer Ansicht nach entbehrt ein solches unkritisches, nicht hinterfragendes Vorgehen jeglicher journalistischer Selbstverpflichtung. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Tatsache, dass in erwähntem Artikel Unwahrheiten verbreitet werden. Auch wären wir als Galerie Zelle e.V. sehr gerne bei dem im Artikel genannten Jugendhilfeausschuss eingeladen gewesen, um unsere Positionen zu vertreten.

Kommen wir nun zu den Einzelheiten. Die Behauptung, die Zelle hätte als Folge der Gespräche im Februar „besonderes Augenmerk“ auf den Drogenkonsum gelegt ist falsch.  Die Zelle hat bereits vor geraumer Zeit, deutlich vor den Gesprächen im Februar, auf das Phänomen Drogenkonsum reagiert. Seit vielen Jahren betreibt die Zelle eine Politik des Hausverweises für Dealer*innen. „Wer dealt fliegt raus“ wird ernst genommen und umgesetzt. Seit es bundesweit zu Zwischenfällen mit Liquid Extasy, auch bekannt als KO-Tropfen (GHB/GBL) kam, werden Besucher*innen darauf hingewiesen, wie sie ein heimliches Untermischen in Getränke bemerken können. Außerdem ist die Zelle seit jeher ein Ort, an dem Jugendliche über die negativen Folgen von Drogenkonsum – auch Alkohol – aufgeklärt werden. Somit wird hier ein weitaus größerer Beitrag zu Drogenprävention geleistet als dies etwa die Polizei mit Intimkontrollen vermag. Die Zelle sieht Drogenkonsum als gesamtgesellschaftliches Phänomen, welches sich besonders zeigt, wo Menschen, zumal jüngere, zusammenkommen um zu feiern. Auf die Verherrlichung von Alkohol in den meisten Teilen der Gesellschaft wollen wir hier nicht weiter eingehen.

Die Behauptung der „Zoff mit der Stadt“ sei ausgeräumt ist falsch. Richtig ist, dass es sich nicht um einen „Zoff“ handelt, sondern um ernstzunehmende Bestrebungen der Stadtverwaltung, die Zelle in ihren Aktivitäten einzuschränken. Das sehen wir als Angriff auf unsere Selbstverwaltung. Wir haben auch nicht den Eindruck dass diese Auseinandersetzungen mit dem Schließen des Vergleiches zur Konzessionierung zu Ende gegangen ist. Vielmehr sehen wir die Auseinandersetzung auf ein anderes Terrain verlegt, nämlich auf das des Bildungsauftrages.

Hier kommen wir schon zu dem zentralen Punkt. Unserer Meinung nach leistet die Zelle allein durch den laufenden Betrieb einen nicht zu ersetzenden Beitrag um junge Menschen zu Selbstbestimmung, Mitverantwortung und sozialem Engagement zu befähigen. Die Galerie Zelle e.V. versteht sich als selbstverwaltetes Jugendzentrum/-forum, in dem Jugendliche und Heranwachsende die Möglichkeit haben sich selbst und die Veranstaltungen, sowie den Betrieb der Zelle zu organisieren. Elementares Ziel der Zelle ist es, durch selbstorganisierte, eigenverantwortliche Arbeit, basisdemokratische Entscheidungsstrukturen und emanzipatorische Grundsätze die Jugendlichen und Heranwachsenden zur Selbstbestimmung zu befähigen und zu Mitverantwortung und sozialem Engagement anzuregen. Ein weiterer wichtiger Aspekt in Hinblick auf den Jugendbildungsanspruch der Zelle ist die Förderung der Jugendlichen zu einem politischen Bewusstsein. Dabei sollen neben dem eigentlichen Bewusstsein zur Notwendigkeit der Partizipation an der politischen Gestaltung unserer Gesellschaft auch emanzipatorische Werte und Menschenrechte vermittelt werden. Weil sich die Zelle als diskriminierungsarmer Raum versteht, leistet sie erfahrbare und gelebte Bildungsarbeit gegen Rechts. Darüber hinaus bietet die Zelle auch ein Bildungsangebot nach Außen und für Nicht-Mitglieder. Die Vorträge und Workshops behandeln regelmäßig aktuelle und/oder kontrovers diskutierte gesellschaftliche Themen in einem kostenlosen und offenen Rahmen. Dabei werden stets aktive Experten als Referent*innen eingeladen, um eine angemessene inhaltliche Qualität zu gewährleisten. Zuletzt muss noch angemerkt werden, dass im Grunde jede Begegnung, jede Diskussion, jeder Streit und jeder daraufhin gefundene Kompromiss in der Zelle ein Stück Jugendbildung ist. Denn durch die hierarchiefreien Strukturen sind die Menschen dort gezwungen sich selbst mit ihren Problemen auseinanderzusetzen, gemeinsam Lösungen zu finden und so aneinander zu wachsen.

Pädagogisches Fachpersonal freilich hat die Zelle nicht eingestellt. Einerseits ist pädagogisches Fachpersonal irrelevant und schlichtweg nicht Voraussetzung für den Status als Träger der außerschulischen Jugendbildung. Gefordert wird vom Kreisjugendamt „eine ausreichende Anzahl geeigneter Jugendgruppenleiter und geeigneter Mitarbeiter“. Diese sind in der Zelle durchaus vorhanden, geschult durch ein mehrmonatiges, intensives Einarbeitungsverfahren. Andererseits wäre es hierfür nötig von Seiten der verantwortlichen Behörden und Ämtern einen gehörigen finanziellen Zuschuss zu erhalten. Die Einstellung pädagogischen Fachpersonals ist daher, auch den Auseinandersetzungen mit der Stadt geschuldet, derzeit nicht Thema.

Um derartige journalistische Fehltritte wie in erwähntem Artikel zu Tage getreten, vermeiden zu können, stehen wir während zukünftiger Recherchen gerne für Rückfragen zur Verfügung. 

PM als PDF: PM_14-03-2014.pdf